Vergessen, verschlafen, verdaddelt? - Chance zur Wiederbelebung in 2009

Veröffentlicht am 08.01.2009 in Allgemein
Zur Sache! - Die Kolumne der Wittener Jusos

Von Robert Beckmann


Ein neues Jahr hat begonnen und vor unseren Türen und Fenstern liegt hoher Schnee und hier und da wurde sogar ein Schneemann aufgebaut. Aber außer Schnee nix gewesen? Was hat sich getan im letzten Jahr? Konnten Probleme gelöst werden - oder wurde mehr gesprochen, als gehandelt?

Wurde Ende 2007 groß über Flatrate-Partys diskutiert, ist es um dieses Thema im vergangenen Jahr in der Öffentlichkeit doch recht ruhig geworden. Die Partys selbst gibt es immer noch, wenn auch nicht mehr so publik wie vor dem Todesfall von Lukas B. aus Berlin im Jahr 2007. Baden-Württemberg und Bremen reagierten recht schnell und verboten diese kurzerhand und die öffentlichen Medien passen auf, dass sie nicht mehr zu bekannt werden. Zu recht!

Jugendlichen und jungen Erwachsenen, aber auch Erwachsenen die im Berufsleben stehen wird die Möglichkeit eröffnet sich für wenig Geld in einen Rausch zu begeben. Hört sich zwar recht harmlos an, aber man darf nicht die Gefahren vergessen, die von solchen Situationen ausgehen. Zum einen gibt es das Problem, dass besonders Jugendliche ihre eigenen Grenzen nicht einschätzen können und der Arzt die erste Person ist, die sie beim Aufwachen zu sehen kriegen. Von Langzeitschäden einmal ganz zu schweigen… Man muss nur einmal das Internet durchsuchen und findet Massen von Erfahrungsberichten von Betroffenen.

Ein anderes Problem ist die erhöhte Gewaltbereitschaft, die mit dem Alkoholabusus einhergeht. Übermäßiger Alkoholkonsum wird leider zu oft verharmlost und auf die Gefahren nur von Leuten hingewiesen, denen junge Menschen altersbedingt nicht zuhören oder zuhören wollen, wie Lehrern oder Eltern. Aber wo soll sonst eine Aufklärung stattfinden? Wenn bereits am Ende eines Schuljahres auf dem Rathausplatz die junge Abteilung einer nicht näher genannten großen und konservativen Volkspartei Bier zu günstigen Preisen an Schüler ausschenkt und sogar noch das beste und schlechteste Zeugnis mit Frei-Bier belohnt, dann fasst man sich wirklich an den Kopf. Wollen solche Jungpolitiker Vorbilder sein oder ist das nur der Versuch „cool“ zu wirken, wo sonst jeder andere Versuch versagt? Ist das der einzige Berührungspunkt mit Jugendlichen, den es für sie noch gibt? Indem man Alkohol austeilt und sogar noch Bilder davon auf die eigene Homepage stellt und es als Erfolg feiert? Kann man nicht anders von sich reden machen?

Gefährlich sind aber auch Drogen, die zwar nicht illegal aber dennoch schädlich sind wie beispielsweise Spice. Eine neue Modedroge, die eine Kräutermischung mit chemischen Zusatzsubstanzen (JWH-018) ist und eine ähnliche Wirkung wie Marihuana aufweist. Eine britische Firma stellt sie in verschiedenen Sorten her und vertreibt sie weltweit, obwohl sie bereits in einigen Ländern wie Schweiz und Österreich verboten ist. In Deutschland wird ein Eilverfahren angestrebt, damit sie hier ebenfalls illegal wird. Aber reicht das aus um den Konsum zu verhindern?

Positiv ist die kommunale Suchtprävention zu beurteilen. Das Mitternachtssportangebot wird als eine Möglichkeit angesehen sowohl Sport für Jugendliche anzubieten als auch Aufklärung über die Gefahren des Alkohols und anderer Drogen auf eine interessante Art mit Spielen und Quiz zu präsentieren. Die Jusos Witten engagieren sich bei solchen Aktionen, da wir der Ansicht sind, dass Aufklärung so am besten bei Jugendlich ankommt.

Es gibt noch viele andere Themen, um die es in den letzten Jahren ruhig geworden ist. Um den Rahmen nicht zu sprengen, sei lediglich ein weiteres Thema genannt. Am 1. August 2001 trat ein Gesetz in Kraft, das gleichgeschlechtlichen Partnerschaften ermöglichte. Das ist nicht zu verwechseln mit einer Ehe, worauf ausdrücklich hingewiesen sein muss. Von der Union wurde es als Anfang vom Untergang unserer Kultur bezeichnet. Bereits Ende 2004 haben 25.000 Männer und Frauen die Verbindung begründet. Ein Stück Gleichberechtigung ist ja eigentlich nicht schlecht, sollte man als aufgeschlossener und moderner Mensch meinen. Aber betrachten wir einmal diese Institution genauer: zuerst sollte man erwähnen, dass die sexuelle Orientierung unerheblich ist, im Gegensatz zur Ehe das 18. Lebensjahr vollendet sein muss und keine Verwandtschaft gerade Linie oder voll- oder halbblütiger Geschwister vorliegen darf. Dann kann in NRW im Standesamt die gleichgeschlechtliche Partnerschaft eingegangen werden. Vorteil: eine Art symbolisches Versprechen füreinander einzustehen, gemeinsamer Name und Zugewinngemeinschaft (falls nicht durch Ehevertrag anders geregelt). Nicht möglich sind unter anderem eine gemeinsame Adoption eines Kindes (2001 weisen die amtlichen Statistiken immerhin 11.000 Kinder aus, die in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften leben) und Einbeziehung in die Hinterbliebenenversorgung bei Beamten. Des Weiteren gibt es keine steuerlichen Vorteile wie dies bei einer Ehe der Fall ist.

Wie kam es zu solchen Unterschieden? Die SPD und BÜNDNIS 90/Die Grünen brachten das Lebenspartnerschaftsgesetz durch den Bundestag in dem sie im November 2000 die Mehrheit hatten und überstimmten somit CDU/CSU- und FDP-Fraktion. Der Bundesrat, der eine Mehrheit eben jener Parteien hatte, wollte das Gesetz und seine zahlreichen notwendigen Änderungen in anderen Gesetzen nicht genehmigen und somit wurde es aufgeteilt in einen vom Bundesrat zustimmungsfreien und –pflichtigen Teil. Bayern, Thüringen und Sachsen klagten sogar beim Bundesverfassungsgericht gegen das Gesetz - verloren aber eindeutig. Ein Erweiterungsgesetz trat 2005 in Kraft, mit dem unter anderem eine Verlöbnis eingeführt wurde („Versprechen“ genannt), die Scheidung wurde der Ehe angepasst und die Stiefkindadoption eingeführt. Es gibt zwar Verbesserungen, aber trotzdem noch viele Unterschiede.

Warum ist seit der großen Koalition nichts passiert? Selbst die CDU hat in ihrem neuen Grundsatzprogramm die gleichgeschlechtliche Partnerschaft akzeptiert. Eine Verbesserung der Umstände lehnt sie hingegen ab. Die SPD nahm sie explizit in ihrem Grundsatzprogramm auf. Doch die Politik sieht anders aus. Keine Neuregelung des Beamtenrechts, kein Pfändungsschutz der Altersversorgung und nur eine marginale Angleichung im Erbrecht, von dem Unterschied im Steuerrecht ganz zu schweigen. Ist es die Angst politische Fässchen zu öffnen und dadurch noch mehr Probleme in der großen Koalition zu schaffen? Geht das nicht auf Kosten der Wählerschaft, die bei der letzten und nächsten Wahl einen nicht geringen Stimmanteil der SPD und den Grünen hatten und haben? Immerhin sind 10 bis 15 Prozent der Bevölkerung homosexuell und die werden sich an die nicht erfüllten Wahlversprechen erinnern.

Dies sind nur einige der Themen um die es ruhig wurde in der letzten Zeit. Es ist die Aufgabe der jungen Generation dafür zu sorgen, dass Fragen nicht vergessen und somit immer wieder in die öffentliche Diskussion eingebracht werden.

Doch trotz aller Kritik: Man sollte auch nicht vergessen, wie groß der Druck für unsere Politiker ist, welche Verantwortung sie Tag für Tag tragen und welche Aufgaben sie bewältigen müssen. Vor allem aber auch nicht, welche Erfolge sie bereits erzielt haben und welche Anstrengung es kosten mag sie aufrecht zu erhalten.

Daher allen Politikern und auch Nicht-Politikern ein erfolgreiches neues Jahr!
 
 

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