"SPD sollte sich der Linkspartei nicht verschließen"

Veröffentlicht am 18.03.2008 in Allgemein
Zur Sache - Die neue Kolumne der Wittener Jusos

Von Philipp Sieber - kooptiertes Mitglied

Zum fünfjährigen Geburtstag der Agenda 2010 ist diese noch längst nicht vom Tisch. Vielmehr ist sie so aktuell wie vor 5 Jahren! Soziale Ungerechtigkeit fördere sie, kritisieren Gegner des Reformpakets. Oskar Lafontaine nutzte die schlechte Stimmung und formte aus der ostdeutschen PDS und der westdeutschen Protestbewegung WASG eine neue Partei, die nun in zahlreichen Landtagen sitzt, sogar im Bundestag: die Linkspartei.
Anhänger der Agenda, plakativ "Schrödianer" genannt, können ihre Abscheu vor dieser neuen Partei von "Frustrierten" nicht verbergen, SPD-Linke fordern einen differenzierteren Umgang mit der neuen linken Kraft im Parlament.
Bestärkt wurde diese Position zunächst durch die neue linke Mehrheit nach den hessischen Landtagswahlen, doch schon bald sah sich Andrea Ypsilanti, Spitzenkandidatin der SPD Hessen, dazu gezwungen, ihren Anspruch auf das Amt der Ministerpräsidentin aufzugeben: ihre Genossin Dagmar Metzger hatte angekündigt, Andrea Ypsilanti die Stimme zu verweigern!
Doch wir kennen die Ereignisse der letzten Monate alle nur zu gut. Kurt Beck, der Andrea Ypsilanti bei ihrem Vorhaben unterstützt hatte, steht nun vor dem Abgrund. Die konservativen Seeheimer würden ihn am liebsten loswerden oder zumindest steuern, wie es ihnen gefällt, während die SPD-Linken seit den jüngsten Ereignissen wieder einen schwereren Stand haben. Sind sie regierungsfähig? Kann man in Deutschland noch wirklich linke Politik machen oder wäre dies das Aus für die SPD?

Wenn wir uns die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ansehen, stellen wir fest, dass sie im Laufe der Jahrzehnte viel liberaler geworden ist. Das ist der Verdienst der SPD und das können wir uns von der CDU auch nicht wegnehmen lassen. Die SPD stellte in krisengeschüttelten Zeiten hervorragende Staatsmänner, die nicht vor schmerzhaften Reformen zurückschreckten. Stellt euch doch einmal vor, wie Reformen auf dem Arbeitsmarkt aussehen würden, wenn die CDU sie anpacken würde!
Die Wähler haben gegen undifferenzierten Neoliberalismus votiert, als sie 2005 den Weg zur Großen Koalition bereiteten. Ich glaube, dass diese simplen Argumentationsmuster der Neoliberalen von den meisten als zu plump und einfach durchschaut werden.
Ich glaube aber auch, dass die Deutschen sich gegen einen zu plumpen Sozialismus wehren werden! Was wir brauchen, sind differenzierte, linke Konzepte und eine intensive Kommunikation mit der Basis und unseren Bürgern. Wir müssen für jeden anständigen Bürger Deutschlands wählbar bleiben, denn die Intellektuellen, die bei einem Capuccino mit Gleichgesinnten über Kommunismus schwadronieren, die müssen selbst wissen, ob sie sich ernsthaft Gedanken über das Wohl der Menschen machen oder ob sie sich vielleicht nicht doch einfach nur gerne reden hören.
Die SPD hat sich immer als eine Partei angesehen, die für den zivilisatorischen Fortschritt kämpft, indem sie die Menschen auf dem Weg zu einem Systemwandel mitnimmt. Wenn wir den Anschein erwecken, dass die SPD Feind der Wirtschaft ist, brauchen wir uns nicht wundern, wenn die Menschen sich von uns abwenden. Geld ist zwar nicht alles - den Deutschen ist bekanntlich Gesundheit wichtiger als Geld - aber ohne Geld ist alles nichts!
Wir brauchen kluge Kompromisse zwischen Wirtschaft und Arbeitnehmern, eine verantwortungsvolle Umweltpolitik, ein klares Ja zur Gemeinschaftsschule, denn so wächst die Gesellschaft weiter zusammen und wir brauchen eine moralisch integere, aber realpolitische Außenpolitik. Wo immer die Linkspartei zu einer so realitätsnahen Politik bereit ist, sollte die SPD sich ihr nicht verschließen - vor und nach der Wahl.

Bleibt mir am Ende nur noch, den ersten SPD-Bundeskanzler, Willy Brandt, zu zitieren: "Vergesst mir die Freiheit nicht!"
 
 

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