Kommunale Mitbestimmung für alle Ausländer!

Veröffentlicht am 29.03.2009 in Allgemein
Zur Sache! - Die Kolumne der Wittener Jusos

Von Dennis Sohner

Eine Quizfrage zu Beginn: Was haben etwa Belgien, Dänemark, Estland, Finnland, Irland, Luxemburg, die Niederlande, Spanien, Schweden, Island und Norwegen gemeinsam? Keine Ahnung? Nicht schlimm! Das, was diese Länder eint, kennt man in Deutschland sowieso nicht.

Trommelwirbel… Es geht um das kommunale Wahlrecht für Ausländer. Deutschland sitzt in dieser Frage im übertragenen Sinne im Keller, verbunkert sich, redet viel, macht aber nichts; andere Länder liegen schon lange gemütlich auf dem Dach, genießen die schönen Aussichten und fragen sich, wo der Nachbar bleibt.

Während in Deutschland die Photovoltaik-Industrie boomt, zum ersten Mal in der deutschen Geschichte eine Frau (leider von der CDU) den Bundeskanzler stellt und tolle und moderne Autos gebaut werden, geht’s bei der Mitbestimmung für Ausländer mit dem Trabbi voran. Spanien olé, Deutschland oh weh!

Hierzulande können bis dato nur EU-Ausländer in der Kommune bei Wahlen mitbestimmen – Türken und Kroaten gucken in die Röhre. Im Jahr 2005 waren das 4,6 Millionen Menschen, 68,2 Prozent aller in Deutschland lebender Ausländer, eine deutliche Mehrheit. Begründet wird die derzeitige Praxis mit der Europäischen Integration. Nichts gegen die Europäische Integration, aber wird die durch ein Ausländer-Wahlrecht in der Kommune konterkariert? Nicht wirklich, oder?

Wenn es um elementare Rechte, in diesem Fall politische Mitwirkungsrechte geht, darf nicht in Menschen erster und zweiter Klasse unterschieden werden. Oder zählen Menschen aus der EU mehr als von außerhalb? Im September 2008 haben die Fraktionen von SPD, Grünen und Linkspartei nach Diskussion im deutschen Bundestag diese Frage klar mit „Nein“ beantwortet, auch die FDP verschließt sich einer Reform nicht völlig. Nur die CDU – ob in Bund, Land oder Kommune – sitzt unter den Fraktionen unten im dunklen Keller.

Die Kellerkinder sagen immer: Integriert euch und nehmt die deutsche Staatsbürgerschaft an, dann dürft ihr auch mitbestimmen! Ich sage: Ein kommunales Wahlrecht für Ausländer würde die Integration stärken, sie fördern, es würde unseren ausländischen Mitmenschen Lust auf Demokratie und Mitbestimmung machen, das Zugehörigkeitsgefühl stärken. Der Wunsch nach Einbürgerung kommt von ganz allein.

Die Kellerkinder sagen gleichzeitig oft: Nein zum erleichterten Einbürgerungsrecht! Ich sage: Damit nehmt ihr in Kauf, dass ein beträchtlicher Teil der in Deutschland lebenden Menschen von demokratischen Mitwirkungsrechten ausgeschlossen werden. Außerdem: Die Staatsangehörigkeit ist indirekt an die Einkommenssituation gekoppelt. Ausländische Mitbürger, die auf staatliche Hilfe angewiesen sind, werden in ihren politischen Mitbestimmungsrechten damit behindert.

Integration durch Mitbestimmung – das sollte das Gebot der Stunde sein, gerade in einer multi-kulturellen Gesellschaft!

Na klar: Auch die Fraktionen, die der Idee des kommunalen Ausländer-Wahlrechts positiv gegenüberstehen wissen, dass das kein einfacher Weg ist. Um den Ländern für eine solche Praxis den Weg zu ebnen, muss das Grundgesetz geändert werden. Dazu braucht man die nötigen Mehrheiten und das O.k. vom Bundesverfassungsgericht. Das ist aber nicht ausgeschlossen. Immerhin hat es auch zum Wahlrecht für EU-Ausländer das Ja-Wort gegeben, was spräche gegen eine Erweiterung? Das Dogma der Bindung des Wahlrechtes an die Staatsangehörigkeit wurde mit der Einführung des Wahlrechtes für EU-Bürger sowieso durchbrochen. Die Argumentation der Reform-Gegner, das Wahlrecht sei strikt an die Staatsangehörigkeit gebunden zieht damit nicht mehr.

Und für alle Verfassungs-Hobby-Rechtler: Die Ewigkeitsklausel (Art. 79. Abs. 3 GG) im Grundgesetz, die besagt, dass eine Grundgesetzänderung keine in Art. 1 bis 20 niedergelegten Grundsätze berühren darf, greift nicht. Nach Verfassungsrechtssprechung erlaubt die Klausel nämlich die „positivrechtliche Ausprägung dieser Grundsätze aus sachgerechten Gründen zu modifizieren“.

Deshalb sei klar gesagt: Es lohnt sich für das Ziel größerer Mitbestimmungsrechte für Ausländerinnen und Ausländer zu kämpfen! Eine erfreuliche und begrüßenswerte Resolution hat u.a. die SPD im Wittener Rat beschlossen, die das Wahrecht für seit mindestens zwei Jahren rechtmäßig in der BRD lebenden Migranten fordert. Die Zahlen sprechen für einen solchen Vorstoß: Die Einbürgerungsquote liegt in Schweden bei 7 Prozent, in den Niederlanden bei 6,8 Prozent – in Deutschland aber nur bei 1,8 Prozent.

Lasst uns den Weg bestreiten vom Keller aufs Dach – da wären wir in geselliger Runde, zusammen mit Schweden, Dänemark, Island, Norwegen, den Niederlanden, Luxemburg, Estland, Uruguay, Chile, Neuseeland, Ecuador, …
 
 

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