Endlich die Ehe öffnen! - Ein Kommentar von Robert Beckmann

Veröffentlicht am 14.01.2016 in Familie und Jugend

Wir leben in einer wilden Zeit. Ständig verändert sich alles und unsere Wahrnehmung von „Richtig“ und „Falsch“ unterliegt einem beständigen Wandel. Dieser Prozess findet in vielen Bereichen unseres Lebens statt, manchmal sogar ohne unsere bewusste Wahrnehmung:

Rechte der Frauen, Einwanderungspolitik und Terrorgefahr sind einige der sensiblen Themen, die uns in unserer heutigen Zeit beschäftigen. Ein weiteres Thema sind die Rechte gleichgeschlechtlich liebender Menschen.

Während sie im Mittelalter auf dem Scheiterhaufen landeten, in der NS-Zeit mit einem rosa Winkel öffentlich gebrandmarkt und in KZs getötet wurden, verfolgte und bestrafte man sie bis 1994 in Deutschland wegen des §175 StGB mit Gefängnis und Zuchthaus. Ein Thema, das bis heute gerne verdrängt und ausgespart wird und daher nur langsam eine Aufklärung für Betroffene erfährt. Selbst in den 2000ern wurden Homosexuelle als spezielle Tätergruppe[1] bei Strafverfahren erfasst[2].

Worum geht es denn eigentlich bei der Öffnung der Ehe? Ist dies nicht schon längst durch das Lebenspartnerschaftsgesetz erreicht? Nein! Leider ist dies noch nicht vollbracht. Worum sollte es denn gehen wenn sich zwei Menschen lieben und dafür entscheiden ihr Leben miteinander zu verbringen? Steht es dem Gesetzgeber zu darüber zu entscheiden wessen Liebe und Lebensentwürfe das Prädikat „Ehe“ verdienen? Auch hier muss man mit einem ganz klaren „Nein!“ antworten. Unserem Gesetzgeber steht es nicht zu in die privaten Angelegenheiten seiner Bürger*_Innen einzugreifen. Es wird oftmals behauptet, dass aufgrund von Artikel 6 des Grundgesetzes die Ehe besonders schützenswert ist und aus historischen und kulturellen Gründen ausschließlich für verschiedengeschlechtliche Menschen gelten könne. Dies ist allerdings nur der Versuch sich hinter dem Grundgesetz zu verstecken, weil man Menschen, die „irgendwie“ anders sind, nicht die gleichen Rechte zugestehen will. Denn die Ehe wird nicht dadurch geschmälert, dass man sie erweitert und mehr Menschen das Recht auf ein gemeinsames Glück ermöglicht. Wir können auch nicht anderen Menschen verbieten Süßigkeiten zu naschen, weil wir selbst auf Diät sind. Unsere aktuelle Kanzlerin hat „Bauchschmerzen“ bei dem Gedanken an die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Menschen. Dies ist eine überraschend ehrliche Aussage für eine konservative Politikerin, die sich ansonsten mit ihren Meinungen zurückhält. Dies ist vermutlich auch das einzige „Argument“, das es gegen die „Öffnung“ der Ehe gibt: „Ich will es einfach nicht“. Auf dieser Grundlage kann man allerdings keine Politik machen und man vergisst allzu schnell die Verantwortung, die wir als politische Gesellschaft tragen. Es ist nämlich unsere Aufgabe für Gleichstellung zu kämpfen und uns für alle Menschen einzusetzen, deren Rechte eingeschränkt sind. Insbesondere wenn keine Gründe für eine Ungleichbehandlung und Diskriminierung vorhanden sind. Mittlerweile haben übrigens die meisten Länder von West- und Mitteleuropa[3] die Ehe für gleichgeschlechtlich liebende Menschen geöffnet. Deutschland hinkt an dieser Stelle ziemlich hinterher. Auch auf anderen Kontinenten gibt es Länder, die diesen Schritt bereits vollführt haben, darunter Südafrika, USA, Brasilien, Mexiko, Kanada usw..

Daher werden wir uns wie so oft in diesem Themenkomplex auf das Bundesverfassungsgericht verlassen müssen, das die Rechte von gleichgeschlechtlich lebenden Menschen stärker vorantreibt als es die Politik in dem vergangenen Jahrzehnt gemacht hat; sei es bei  der Bestätigung des Lebenspartnerschaftsgesetzes[4], Gleichstellung, Hinterbliebenenrente, Anpassung im Steuerrecht usw..

Die Öffnung der Ehe für alle Menschen wird zwar nicht alle Probleme lösen. Jedoch würde man nicht andauernd Verbesserungsgesetze beschließen müssen, die ganz gemächlich und über Jahre gestreckt irgendwann eine Gleichstellung ermöglichen. Zudem wäre es ein guter politischer Schritt um eine gesellschaftliche Veränderung zu bewirken, damit in naher Zukunft keine willkürliche Unterscheidung zwischen liebenden Menschen gemacht werden muss.

 

[1] http://www.rp-online.de/politik/deutschland/polizei-registriert-homosexuelle-als-taetergruppe-aid-1.1597398

[3] http://library.fes.de/pdf-files/dialog/11459.pdf Seite 11

http://www.lsvd.de/politik/oeffnung-der-ehe.html

[4]https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2001/07/qs20010718_1bvq002301.htm

 
 

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